Film-Oberprüfstelle Berlin, den 28. November 1929 Nr. 588
Vorsitzender: Ministerialrat Dr. S e e g e r , Beisitzer: Direktor M e y d a m - Berlin, Dr. Rudolf P r e s b e r - Berlin, Stadtverordnete F r o h n - Berlin, Oberregierungsrat Dr. S t o r o k - Lübeck
Zur Verhandlung über die Beschwerde der Firma Strauss-Film in Berlin gegen das Verbot der Reklame zu dem Bildstreifen:
“Liebesnächte” durch die Filmprüfstelle Berlin erschien für Beschwerdeführer:
U r b a n .
Die den Gegenstand der Beschwerde bildenden Photos lagen vor. Der Vertreter des Beschwerdeführers äußerste sich zur Sache. Es wurde folgende
E n t s c h e i d u n g verkündet:
- Die Entscheidung der Filmprüfstelle Berlin vom 11. November 1929 - Nr. 18202 - wird dahin abgeändert: Auch die Bilder 11, 12 und 23 werden zum öffentlichen Aushang zugelassen.
- Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
- Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Beschwerdeführer zur Last.
G r ü n d e.
- Die Bilder 11, 12 und 23 zeigen einen Mann und eine Frau, die dem Wirt eines Gasthauses über die Ermietung eines Zimmers zu verhandeln scheinen. Der dargestellte Vorgang ist so harmlos, dass eine für jugendliche Beschauer abträgliche Wirkung im Sinne des §3 des Lichtspielgesetzes selbst nicht in Verbindung mit dem Bildstreifentitel “Liebesnächte” zu erwarten steht.
- Dagegen mußten die übrigen im Vorderurteil als verboten aufgeführten Bilder sämtlich unter dem Gesichtspunkt gewürdigt werden, dass der Betrachter durch den zu I. erwähnten Haupttitel eine Einstellung zu den Bildern bekommt, durch die ihre Wirkung nach der geschlechtlichen Seite verstärkt wird. Es ist im Rahmen der den Prüfstellen abliegen, den Wirkungsprüfung gelegen, dass bei der Prüfung der Reklame auch der Haupttitel des ihr zugrundeliegenden Bildstreifens mit in die Prüfung einbezogen wird. Hierbei macht es, wie die Vorentscheidung der Prüfstelle zutreffend feststellt, keinen Unterschied, ob der Haupttitel noch besonders auf den einzelnen Bildern in die Erscheinung tritt (§5 Abs. 2 des Lichtspielgesetzes).
Die Bilder 2, 74, 75, 78, 79, 89, 97 und 102 sind aus dem Verbotsgrund der Phantasieüberreizung im Einklang mit der Rechtsprechung der Oberprüfstelle verboten worden. Bei den Bildern 53, 59 und 63 rechtfertigt sich das Verbot auch aus dem Verbotsgrund der verrohenden Wirkung, weil es sich bei den bezeichneten Darstellungen um Revolverszenen handelt.
- Die Kostenentscheidung folgt aus §5 der Gebührenordnung für die Prüfung von Bildstreifen.
Seeger
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